

Bericht über das Hochwasser |
Bislang kannte man solche Bilder nur aus dem Fernsehen und dachte, gut, dass wir auf einem Berg wohnen, da kann so etwas nicht passieren. Jedoch sollten wir eines Besseren belehrt werden. Es war Donnerstag, der 6. Mai 2001, gegen 17.00 Uhr. Der Himmel verdunkelte sich und die Himmelstore öffneten ihre sämtlichen Schleusen. Zu dieser Zeit hätte man Noah wohl nicht belächelt. Die Regenfallrohre sprudelten, wie die Springbrunnen im Königsschloß Linderhof und noch weitere touristische Attraktionen hätte Merkausen bieten können: Auf einer Wiese oberhalb des Dorfes verwandelte das Unwetter eine, sonst kaum zu erkennende Quelle, zu einem Geysir von etwa 1,50 m Höhe. Der Fußweg von der Hirschbergstraße zur Bushaltestelle wurde zu einem reißenden Gebirgsbach, der sich anschließend einen Weg durch die "Blaue Grotte" (unser Dorfgemeinschaftshaus) bahnte, um sich dann in einen scheinbar friedlichen See (unserem Spielplatz) zu verwandeln. Doch der Schein trügte, denn dieser See beherbergte gefährliche Untiefen und Strudel, die durch den Wasserdruck, der sich in den Kanälen gestaut hatte verursacht wurden und der dafür sorgte, dass sämtliche Gulli- und Kanaldeckel hochgedrückt wurden. Vom "Spielplatz-See" aus floß das Wasser dann durch mehrere Keller und Hütten, vorbei an einer in der Haustür stehenden, ängstlich blickenden Frau. Nahm noch ein paar Fische aus einem Teich mit und bereicherte diesen dafür mit Steinen, Sand und Erde und verschwand dann in Seifen. Doch auch im Oberhof machten sich zahlreiche Bäche und Seen breit. Merkausen sah aus wie Venedig. Es hätte niemanden verwundert, wenn ein singender Gondoliere vorbeigekommen wäre. Doch so lustig sich das auch anhört, viele der älteren Bewohner saßen mit großer Angst in ihren Wohnungen - mit den wichtigsten persönlichen Papieren in der Hand. Auer auf die Merkausener Bevölkerung ist Verlaß, niemand wurde allein gelassen. Obwohl es draußen immer noch in Strömen regnete und es bestimmt angenehmer in der trockenen Wohnung gewesen wäre, zogen die Leute mit Eimern und Schrubbern durch den Ort und fragten überall nach, ob Hilfe gebraucht wird. Halfen, wo zu helfen war, beruhigten und trösteten, wo Panik war. Ganz Merkausen war auf den Beinen. Später kam noch die freiwillige Feuerwehr Marienhagen dazu, die da half, wo die Not am größten war. Alt und Jung stand Seite an Seite. Nachbarn, die sonst nur das Nötigste miteinander sprachen, sah man vereint gegen die Wassermassen kämpfen. Als so gegen 22.00 Uhr das Schlimmste überstanden war, sah man die Leute überall noch gemeinsam bei einem kleinen Imbiß und einem kühlen Getränk zusammen stehen. Alle sahen erschöpft und dennoch zufrieden aus und überall konnte man einen Satz aus den Gesprächen heraushören: Gemeinsam sind wir stark! Helga Horlitz |